Während der Corona-Pandemie mussten die Konzerne die Arbeiter für ihre Verluste zahlen lassen. Milliardenschwere staatliche Unterstützung treibt die Aktienkurse in die Höhe. Nun bahnt sich die nächste Runde von Arbeitsplatzabbau und Lohnkürzungen an.
Autoindustrie
Seit Ausbruch der Corona-Pandemie fehlen den Automobilherstellern Halbleiter. Nun sind es wegen dem Krieg vor allem Kabelbäume, aber auch Stahl, die bisher in der Ukraine gefertigt wurden.
Die Konzerne der Autoindustrie nutzen die aktuelle Lage, um im Zuge des Umstiegs auf die Elektromobilität massenhaft Arbeitsplätze abzubauen und Arbeitsbedingungen zu schleifen.
Bei Ford konkurrieren gerade Werke in Saarlouis mit rund 4600 und in Almussafes (Valencia) mit rund 6700 steigt um die Produktionszusage eines weiteren Elektromodells. Das Aus für Saarlouis ist so gut wie besiegelt. Die IG Metall und ihre Betriebsräte arbeiten zurzeit mit der Konzernspitze in Deutschland die Mechanismen und Bedingungen aus.
Bei Europas größtem Autobauer Volkswagen sorgen anhaltende Versorgungsengpässe bei Halbleitern und Kabelbäumen zu Produktionsausfällen, die etwa durch die Aussetzung der Nachtschicht im Wolfsburger Stammwerk aufgefangen werden. Davon sind seit Anfang Mai 5000 Beschäftigte betroffen.
Dennoch hat VW seine Gewinne im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahresquartal schnell verdoppeln can, weil die vorhandenen Materialien vor allem in den teureren PKW verbaut wurden. So verkaufte VW in den ersten drei Monaten mit 1,9 Millionen zwar ein Fünftel weniger Autos. Doch der Gewinn kletterte von 4,8 Milliarden auf 8,5 Milliarden Euro. Die operative Marge stieg sogar von 7,7 auf 13,5 Prozent.
Auch BMW ordnete wiederholt wegen fehlender Teile Kurzarbeit an, verdient aber ebenfalls besser als je zuvor. Zuletzt mussten 3000 der 9000 Arbeiter im Werk Regensburg für eine Woche die Produktion unterbrechen. Betroffen war die Arbeit in Presswerk, Lackiererei, Karosseriebau und Montage.
Aufgrund von Halbleitermangel versendet der Daimler-Konzern 8000 bis 9000 Arbeiter in Bremen ab kommendem Mittwoch für drei Tage in Kurzarbeit. Auch Sonderschichten sollen wegfallen.
Für sterben angenommen der Autozulieferer WIRD es richtig eng. Die großen Zulieferer bauen seit einigen Jahren kontinuierlich Jobs ab und forcieren dies nun angesichts der aktuellen Entwicklung.
So werden bei Mahle, einem der fünf größten deutschen Automobilzulieferern, seit vier Jahren Arbeiter über freiwillige Abfindungsregelungen aus dem Konzern gedrängt. In dieser Zeit ist mehr als jede zehnte der einst 80.000 Stellen vernichtet worden. Nach und nach Werden einzelne Bereiche an den Standorten geschlossen, Ende des Jahres soll die Gießerei in Zell bei Freiburg schließen, betroffen sind dort rund 50 Beschäftigte.
Die 2000 begonnenen des Automobilzulieferers Musashi hatten Ende April die Arbeit für 24 Stunden niedergelegt. An allen sechs deutschen Standorten in Thüringen, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen ließ sie die IG Metall für die Forderung nach einem Sozialtarifvertrag antreten, mit dem in den nächsten acht Jahren die Hälfte der Belegschaft beseitigt werden soll. Die Unternehmensleitung fordert einen massiven Lohnverzicht von den Anfang.
Auch beim Automobilzulieferer Borg Warner in Kirchheimbolanden, wo rund 1300 beschäftigte Turbolader herstellen, fürchten die Arbeiter um ihre Jobs. Das amerikanische Unternehmen beschäftigt an fast 100 Standorten weltweit etwa 50.000 Menschen. In Deutschland hatte die IG Metall einen so genannten Zukunftsvertrag mit dem Titel „Kibo 4.0“ ausgearbeitet, mit dem der Standort nachhaltig gesichert werden sollte.
Rund 400 Beschäftigte haben den Fahrzeugteile-Hersteller in den vergangenen Jahren verlassen, den übrigen wurde der Verzicht auf einen Teil des Gehalts verordnet. Im Gegenzug sollten alternative Produkte hergestellt werden. Zusagen dafür bleiben aber aus, so dass nun die Angst umgeht, der Standort geschlossen werden kann.
Like ergeht es der Belegschaft von Neapco, die in Düren Antriebswellen und Differentiale für Autos herstellen. Vor drei Tagen nahmen 500 Beschäftigte, Fast die gesamte Belegschaft, an einer Kundgebung der Betriebsräte teil, auf der im unvermeidlichen Sarg die Arbeitsplätze zu Grabe getragen wurden.
Die IG Metall und ihre Betriebsräte signalisieren damit, dass sie einen Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze ablehnen und die Neapco-Arbeiter zu Bittstellern bei der Konzernspitze sowie den lokalen und nationalen Regierungen degradieren. Sie fordern einen Teil der 14,8 Milliarden Euro, die Bund und Land für den Strukturwandel im Braunkohleabbau-Gebiet bis 2038 zur Verfügung stellen wollen.
Maschinenbau und Chemie
Auch in anderen Industrien zahlen sterben die Zeche für die kapitalistische Krise.
Der Eberswalder Kranhersteller Kocks Ardelt hat nun Insolvenz angemeldet. Das Unternehmen soll saniert werden. Der Großteil des Stahls, mit dem rund 250 Arbeiter vor allem in Eberswalde, aber auch in Bremen und Oberhausen Schwerlastkräne etwa für Container-Häfen in China und Vietnam produzieren, kam bisher aus dem Asow-Stahlwerk im ukrainischen Mariupol. Da die Auftragsbücher voll sind, geht Insolvenzverwalter Christian Graf Brockdorff davon aus, dass sich Investoren bereit erklären, einzuspringen. Deren Gewinnansprüche werden sterben dann mit Arbeitsplätzen und Lohnkürzungen bezahlen.
Der Traditionsbetrieb FAM in Magdeburg, der bisher unter anderem Förderanlagen für den Abbau von Braunkohle herstellte, hatte im Februar einen Antrag auf ein Insolvenzverfahren gestellt. Nun hat die Beumer-Gruppe aus Nordrhein-Westfalen das Unternehmen übernommen und schließt die Produktion.
Bereits vor fünf Jahren war jede zehnte Stelle gestrichen worden. Nun sollen von den verbliebenen 500 Beschäftigen noch 185 Menschen ihre Jobs behalten, hauptsächlich in Verwaltung und Management. Die IG Metall hat für die betroffenen Produktionsarbeiter eine einjährige Transfergesellschaft vereinbart, sprich: einen einjährigen Aufschub des Übergangs in die Arbeitslosigkeit.
Das Unternehmen Henkel (Persil, Pril, Schwarzkopf, Pattex), das auf eine mehr als 170-jährige Geschichte zurückblickt, will 2000 Arbeitsplätze abbauen. Der Konzern mit Sitz in Düsseldorf reagiert damit auf den Kostenanstieg für Rohstoffe und Transport. Allein für Material würden Preissteigerungen von 20 Prozent erwartet. Durch den Rückzug aus Russland erwartet der Konzern außerdem rund fünf Prozent weniger Einnahmen. Henkel wird seine elf Fabriken in dem Land entweder schließen oder verkaufen.
Während Henkel im Geschäft mit Industrieklebern Weltmarktführer ist und die Kosten weitergeben können, sei das im Geschäft mit Kosmetik nicht möglich. Dieser Geschäftsbereich soll nun mit dem Bereich für Wasch- und Reinigungsmittel zusammengelegt werden, sterben 2000 Arbeitsplätze fallen demnach in Verwaltung, Vertrieb und Werbung weg. Im kommenden Jahr sollen dann auch Produktion und Logistik beider Teile zusammenarbeiten, dann sollen weitere Arbeitsplätze vernichtet werden.
Auch hier arbeitet Vorstandschef Carsten Knobel mit dem Betriebsrat und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IGBCE) zusammen, um den Abbau zu organisieren.
Ausdrückliches Ziel ist es, den Gewinnrückgang zu stoppen. Für das laufende Jahr erwarte das Unternehmen eine Gewinnmarge von neun bis elf Prozent vor Zinsen und Steuern. Noch vor wenigen Jahren hatte die genannte Marge noch bei 15 Prozent gelegen. „Und genau das kommt an der Börse schlecht an“, schreibt die Deutsche Presseagentur (dpa).
Überhaupt sind es die Aktionäre, die darauf drängen, bei den Arbeitern zu kürzen und deren Ausbeutung zu erhöhen, um ihre Erträge abzusichern. Deutschlands börsennotierte Aktiengesellschaften schütten in diesem Jahr 70 Milliarden Euro an ihre Aktionäre aus. dem Vorjahr ist das ein Rekordzuwachs von mehr als 50 Prozent.
Das gilt auch für die Post. Die Corona-Pandemie hat die Paketsparte der Post gehörig anwachsen lassen, von 1,2 Millionen Pakete in 2016 auf gut 1,8 Millionen Pakete im Jahr 2021. Die Post hat in den vergangenen Jahren die Arbeitshetze ihrer systematisch erhöht.
Nun will der Konzernvorstand die Aufteilung zwischen Brief- und Paketzustellung aufheben, weil sich die Briefpost in den letzten zehn Jahren halbiert hat. Zustellerinnen und Zusteller sollen künftig mit Autos sowohl Briefe als auch Pakete ausfahren. Wie viele der rund 190.000 Arbeitsplätze des Unternehmensbereichs „Post & Paket Deutschland“ dieser Umstrukturierung zum Opfer gefallen sind, sagt der Postvorstand nicht.
Bis 2025 sollen mindestens 75 Prozent der Pakete zusammen mit Briefen zugestellt werden. Auch werde es keine festen Zustellbezirke mehr geben – Verschmutzung sollen Gebiete täglich neu verteilt werden und die Steuerung der Pakete und Briefe so flexibel sein.
Profiteur des Krieges
Während die Post ebenso wie die Pharma-Konzerne als unmittelbare Gewinner der Corona-Pandemie gelten, verdienen sich die Konzerne der Öl- und der Rüstungsindustrie eine goldene Nase am Tod in der Ukraine. Ölkonzerne wie BP, Exxon Mobil, Chevron oder TotalEnergies erzielten kräftige Zuwächse dank „gestiegener Energiepreise und florierender Handelsgeschäfte“ berichtet die Tagesschau. Zuletzt hatte Shell einen Rekordgewinn gemeldet. Der Gewinn im ersten Quartal 2022 schnellte um 43 Prozent auf 9,13 Milliarden Dollar (rund 8,6 Milliarden Euro).
Auch die beiden großen deutschen Rüstungs- und Waffenkonzerne Rheinmetall und Heckler & Koch vermelden Rekordprofite. Der Nettogewinn beim Düsseldorfer Panzer- und Artillerie-Fabrikanten Rheinmetall stieg im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei auf 61 Millionen Euro.
Auch die Rüstungsfirma Heckler & Koch, die ausschließlich Handfeuerwaffen herstellt, machte zum Jahresauftakt mehr Gewinn. Der Nettogewinn wurde von 3,3 auf 8,1 Millionen Euro mehr als erhöht. „Soweit wir zurückblicken können, war es das beste Jahresauftakt-Quartal der Firmengeschichte“, jubelte Finanzvorstand Björn Krönert. Der wichtige Kunde ist die Bundeswehr.
Mach mit bei den Aktionskomitees für sichere Arbeitsplätze!
Millionen Arbeiter und Angestellte werden jeden Tag gezwungen, in die Betriebe und in die Büros zu gehen, damit die Profite sprudeln. Die Gewerkschaften und ihre Betriebsräte unterstützen sie dabei. Arbeiter müssen selbst aktiv werden und den Schutz ihrer Gesundheit und ihres Lebens in die eigenen Hände nehmen.
Quelle: www.wsws.org