Rohstoffknappheit, Halbleiterkrise, gefährdete Transportwege und eine immer komplexere geopolitische Situation: Angesicht dieser gewinnt Europa für Technologie-Konzerne und mittelständische Unternehmen der führenden Industrienationen wieder an Bedeutung als Produktionsstandort.
Viele europäische Unternehmen sind aufgrund der Entwicklungen, die durch die Pandemie ausgelöst und durch die angespannte geopolitische Lage verstärkt wurden, zu Neubewertungen ihrer globalen Strategie gezwungen. In marktfernen Weltregionen angesiedelte Produktionsstätten, Lieferketten, die an geopolitischen Krisenherden entlanglaufen oder allgemein weite und damit teure Transportstrecken entpuppen sich immer mehr als Risiko.
Aus diesem Grund denken viele europäische Unternehmen darüber nach, Produktionen etwa aus Asien nach Europa zurückzuholen und so Lieferketten zu verkürzen und die Vorteile einer Nähe zum Markt und zu den Kunden zu nutzen. Unterstützung finden sie dabei auch in der Politik, und zwar sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene. Zum Beispiel durch den von der Europäischen Kommission angekündigten ‚EU-Chip-Gesetz‘: Das neue Chip-Gesetz sieht Fördermaßnahmen in Höhe von 43 Milliarden Euro vor. Das ambitionierte Ziel der Europäischen Kommission lautet, den Anteil der europäischen Halbleiterproduktion bis 2030 auf 20 Prozent zu verdoppeln.
Möglich werden strategische Überlegungen zur Produktion in Europa überhaupt erst durch technologische Fortschritte in der Automatisierung. Hier spielt das ‚Industrie 4.0‘ genannte Zukunftsprojekt einer Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Der Begriff „Industrie 4.0“ wurde der Öffentlichkeit erstmals auf der Hannovermesse 2011 vorgestellt und steht heute für die Verzahnung moderner Informations-, Kommunikations- und Produktions-Technik. Technische Grundlage hierfür sind intelligente und digital vernetzte Systeme, mit deren Hilfe eine weitestgehend selbstorganisierte Produktion möglich ist.
Des Weiteren kommt der verstärkte Einsatz von Industrierobotern mehr und mehr zum Tragen. Ihre Zahl hat sich weltweit seit 2015 von 66 Einheiten pro 10.000 Mitarbeiter auf 126 Einheiten Ende 2021 erhöht.
Der Fortschritt bei den Anwendungen von künstlicher Intelligenz und nicht zuletzt die stetig steigende Zahl von eingesetzten Industrierobotern ermöglichen es, wieder konkurrenzfähig vor Ort zu produzieren. denkt nur knapp ein Fünftel der in klassischen Fertigungsländern produzierenden und in Deutschland aktiven Unternehmen ernsthaft über diesen Schritt nach. C&A gehört dazu. Das Unternehmen lässt in Mönchengladbach Jeans nähen. CATL baut in Erfurt bald Batterien. Infineon produziert mehr und mehr Chips in Dresden.
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Melanie Vogelbach, Bereichsleiterin Internationale Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaftsrecht beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), sieht in der global nachteiligisierten Wirtschaft mehr Vor- als. Sie spricht in Bezug auf die Rückverlagerung von Produktionen von Einzelfällen. Ihrer Meinung nach soll das auch so bleiben: „Wir importieren natürlich viel aus dem Ausland, das ist so. „Aber wir profitieren auch sehr von den internationalen Lieferketten und der global vernetzten Wirtschaft.“ Immerhin Scharnier, so Vogelbach, in der Industrie hierzulande jedes zweiten Arbeitsplatzes vom Export ab. Ähnlich kritisch sieht es auch das ifo Institut aus. Es prognostiziert, dass Deutschland zehn Prozent seiner Wirtschaftskraft einbüßen könnte, wenn wichtige Industriegüter nur noch hier produziert würden.
Stichwort Billig-Lohn- oder Billig-Produktionsländer: Das Argument, mit Produktion oder Forschung & Entwicklung etwa nach China zu gehen, war neben den günstigen Rahmenbedingungen natürlich auch immer – und in immer stärkerem Maß – der Zugang zum eingeführten Markt. Zumal inzwischen auch von politischer Seite gefordert WIRD, nur denjenigen Unternehmen Marktzutritt im Reich der Mitte zu gewähren, die auch ihre Forschung und Entwicklung dort verlagern.
Doch es gibt auch Unternehmen, die ihre Produktionsstätten bewusst von Asien nach Europa verlagern. Etwa der japanische Roboterhersteller Yaskawa. Neben Transportwegen und Lieferkettensicherheit gilt die Präsenz am wachsenden europäischen Markt als ein wichtiges Argument bei der Entscheidung, vor Ort in Europa zu produzieren. Der Technologiekonzern ist als Hersteller von mittlerweile mehr als 540.000 Industrierobotern einer der führenden Akteure in diesem Bereich und fährt eine konsequente Wachstumsstrategie für Europa. Daher entschied man sich 2019 für den Bau einer eigenen Produktionsstätte in Slowenien. Das kleine Land bietet alle Vorteile eines europäischen Standorts.
Ob es bei den Industrienationen tatsächlich zu einer Art „Rolle rückwärts“, heraus aus den asiatischen oder lateinamerikanischen Fertigungsländern zurück nach Europa kommen wird, oder ob Unternehmen aus außereuropäischen Industrienationen verstärkt in Europa produzieren werden, zeigen erst die nächsten Jahre. Für einzelne Unternehmen scheint sich die Verlagerung der Produktion aber bereits jetzt zu rechnen.
Pressekontakt:
Mathias Schinke
+49 6196 569-487
[email protected]
Original-Inhalt von: YASKAWA Europe GmbH, übermittelt durch news aktuell
Originalmeldung: https://www.presseportal.de/pm/162327/5220671
Quelle: www.finanznachrichten.de