Marktbericht
Stand: 17.05.2022 16:40 Uhr
Hoffnung auf eine Erholung der chinesischen Wirtschaft und gute Neuigkeiten zur US-Konjunktur haben die Anleger an der Wall Street zum Handelsstart ermutigt. Auch der DAX steigt bis auf 14.200 Punkte.
Erfreuliche Konjunkturdaten und positive Signale aus Asien lassen die Kurse an den US-Börsen heute wieder steigen. Zum Wochenbeginn hatten sie sich angesichts hartnäckiger Wachstumssorgen noch schwer getan, und der Dow Jones hatte sich kaum bewegt. Nun aber gewann der Leitindex im frühen Handel 0,87 Prozent auf 32.504 Punkte. Der marktbreite S&P 500 und der technologielastige Nasdaq 100 kletterten noch stärker nach oben – um bis zu 2,3 Prozent.
Konjunkturdaten und Geschäftszahlen erfreuen Anleger
Gute Nachrichten kamen zum einen aus den USA selbst: Der für die größte Volkswirtschaft der Welt so wichtige private Konsum zeigt keine Anzeichen von Schwäche. Die Einzelhandelsumsätze stiegen im April erneut an, wenn auch geringfügig schwächer als erwartet. Außerdem steigerte die US-Industrie ihre Produktion im April erneut. Die gesamte Herstellung lag 1,1 Prozent höher als im Vormonat, während Analysten im Schnitt mit plus 0,5 Prozent gerechnet hatten. Der Zuwachs folgt auf solide Anstiege in den Monaten zuvor.
Zudem ermutigten starke Geschäftszahlen einiger Konzerne die Anleger zum Einstieg. Der Ausverkauf der vergangenen Wochen habe die Verkäufer erschöpft, sagte Finanzmarkt-Expertin Mimi Duff von der Beratungsfirma GenTrust. „Daher ist bei jedem Anzeichen guter Nachrichten eine Erholung möglich.“ Zu den Favoriten am US-Aktienmarkt zählte Home Depot mit einem Kursplus von fast vier Prozent. Die Baumarktkette hob auf Basis eines Quartalsergebnisses über Markterwartungen ihre Gesamtjahresziele an. Auch die Fluggesellschaft United Airlines blickt optimistischer in die Zukunft und korrigierte die Umsatzprognose nach oben. Die Aktien von United sowie der Rivalen Delta und American Airlines stiegen daraufhin um bis zu sechs Prozent.
Zum anderen steigt Experten zufolge die Zuversicht, dass der Corona-Lockdown in Shanghai gelockert werden könnte. In der chinesischen Metropole wurden den dritten Tag in Folge keine Neuinfektionen gemeldet, was als Bedingung für eine Milderung der scharfen Virus-Maßnahmen gilt. Die harten Maßnahmen zur Eindämmung des Virus gelten als ein Grund für die globalen Lieferkettenprobleme, die das Wachstum gefährden.
Dax steigt bis auf 14.200 Punkte
Die spürbare Hoffnung auf eine Lockerung der chinesischen Corona-Politik und damit einer soliden Erholung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft hat auch dem DAX heute viel Schwung gegeben. Der deutsche Leitindex ließ die 14.000-Punkte-Marke klar hinter sich und behauptet nach einem Anstieg bis auf rund 14.200 Zähler am Nachmittag ein Plus von 1,51 Prozent. Gestern hatte der DAX noch mit einem Abschlag von 0,5 Prozent auf 13.964 Punkten geschlossen.
Seit Wochen hält die Abriegelung ganzer Bezirke vor allem in der Wirtschaftsmetropole Shanghai die Börsianer in Atem. „Die Märkte waren wie besessen von den Ereignissen in China, und das ist im Grunde der einzige große Katalysator“, sagte Keith Temperton, Händler bei Forte Securities. Angesichts der niedrigen Handelsumsätze an den Börsen brauche es aktuell nicht viel, um die Märkte zu bewegen. Ein weiterer Stimmungsaufheller war eine mögliche Lockerung der strengen Auflagen für chinesische Technologiekonzerne.
Positive Signale auch aus der Eurozone
Unterstützung kommt auch von der Charttechnik. Die Experten von HSBC sehen einen technischen Widerstand bei etwa 14.037 Punkten. „Im März, im April und Anfang Mai ist der DAX bereits an diesen Hürden gescheitert“, schreiben sie in ihrem Tageskommentar. „Entsprechend groß wäre die Tragweite, wenn der Befreiungsschlag dieses Mal tatsächlich gelänge.“ Danach sieht es im Augenblick aus, sodass weitere Kursgewinne wahrscheinlicher werden.
Zumindest tendenziell positive Signale sendet darüber hinaus die Wirtschaft der Eurozone. Im ersten Quartal stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent. In einer ersten Schätzung war nur ein Wachstum von 0,2 Prozent ermittelt worden. Volkswirte hatten im Schnitt mit einer Bestätigung gerechnet. Zudem schwächte sich in Italien die Inflation auf hohem Niveau etwas ab. Gestern hatte die EU ihre Konjunkturprognose wegen des Ukraine-Kriegs noch drastisch nach unten korrigiert.
Doch es gibt auch warnende Stimmen. Auch bei einer Lockerung der Corona-Maßnahmen in China seien die Lieferkettenprobleme noch nicht vom Tisch, warnte Christian Henke, Analyst vom Brokerhaus IG. „Zudem belastet weiterhin die strikte Zinspolitik der US-Notenbank Fed die Stimmung.“
Update Wirtschaft vom 17.05.2022
Dorothee Holz, HR, tagesschau24 09:05 Uhr, 17.5.2022
Rückenwind aus China treibt Kupfer und Öl
Die Spekulation auf ein Auslaufen der Corona-Beschränkungen in China sorgt ebenfalls für eine Erholung der Nachfrage nach Industriemetallen. Kupfer verteuerte sich am frühen Nachmittag um 1,6 Prozent auf 9384 Dollar je Tonne. „Das Tempo der Zinserhöhungen ist inzwischen mehr oder weniger eingepreist. Das nächste, woran der Markt denkt, ist die Wiedereröffnung in Shanghai, da die Fälle in den Kommunen seit drei Tagen bei Null liegen“, sagte ein Metallhändler.
Auch beim Rohöl treiben die positiven Signale aus der Volksrepublik den Preis. Die Sorten Brent und WTI zogen jeweils knapp ein Prozent auf 115,15 und 114,94 Dollar je Barrel an. Nachdem gestern ein mögliches Verbot russischer Ölimporte in die EU am Widerstand Ungarns gescheitert war, hatte der Ölpreis zunächst leicht nachgegeben. Eine Einigung auf ein sechstes Sanktionspakt gegen Russland wird nun für Ende Mai angestrebt.
Euro legt wegen möglicher Zinserhöhung zu
Der Euro hat heute spürbar zugelegt. Am Nachmittag stieg die Gemeinschaftswährung zeitweise um 1,2 Prozent auf 1,0555 US-Dollar. Damit erholt sie sich weiter von den herben Verlusten in den vergangenen Wochen. Vor wenigen Tagen hatte die Gemeinschaftswährung mit 1,0350 Dollar noch einen fünfjährigen Tiefstand markiert.
Wesentlicher Grund ist der aufwertende Dollar, der seit längerem von den jüngsten Zinserhöhungen und der Aussicht auf weiter deutlich steigende Leitzinsen profitiert. Nun kommen auch steigende Zinserwartungen aus der Eurozone hinzu. Genährt werden diese Spekulationen heute vom EZB-Ratsmitglied Klaas Knot, der eine Anhebung der Schlüsselsatzes um einen halben Prozentpunkt nicht ausschließt, sollte der Teuerungsdruck zunehmen.
Es sei aber nicht sicher, ob die EZB ihren Worten auch Taten folgen lasse, gab Commerzbank-Analystin You-Na Park-Heger zu bedenken. Am Bondmarkt verstärkten Knots Aussagen dennoch den Verkaufsdruck. Dadurch stieg die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen auf 1,004 Prozent.
Walmart verdient weniger
Der größte US-Einzelhändler Walmart ächzt angesichts von Inflationsdruck und Lieferkettenproblemen unter hohen Kosten. Nach einem deutlichen Gewinnrückgang im Auftaktquartal kürzte der Shopping-Riese heute seine Jahresziele. In den drei Monaten bis Ende April verdiente Walmart unterm Strich 2,1 Milliarden Dollar (2,0 Mrd Euro) und damit knapp ein Viertel weniger als vor einem Jahr. Das hohe US-Inflationsniveau belaste das Geschäft, erklärte Konzernchef Doug McMillon. Steigende Ausgaben, etwa für Kraftstoff und Löhne, trieben die Betriebskosten stärker als erwartet nach oben. Trotz eines Umsatzwachstums von gut zwei Prozent kam der Geschäftsbericht bei den Anlegern nicht gut an: Die Aktie reagierte vorbörslich zunächst mit einem Kursverlust von mehr als sieben Prozent.
Home Depot wächst überraschend stark
Die US-Baumarktkette profitiert vom anhaltenden Trend zum Heimwerken und hat ihre Jahresziele daher angehoben. Der Vorstand erwartet für 2022 nun ein dreiprozentiges Umsatzplus. Analysten rechneten bisher mit einem Zuwachs um 1,4 Prozent. Der Gewinn je Aktie soll im mittleren einstelligen Prozentbereich zulegen statt im niedrigen einstelligen Bereich. Im ersten Quartal stiegen die Erlöse um 2,2 Prozent, Analysten hatten mit einem Rückgang um 2,7 Prozent gerechnet. Der Gewinn je Aktie erreichte 4,09 Dollar und übertraf die Schätzungen von 3,68 Dollar. Die Zuwächse von Home Depot dürften die Bedenken des Marktes, die Inflation könnte die Verbraucherausgaben bremsen, für eine Weile zerstreuen, kommentierte Oppenheimer-Analyst Brian Nagel. Die Aktien legten deutlich zu.
Daimler Truck mit überraschend gutem Geschäft
Im DAX haben die Investoren besonders bei den Aktien von Daimler Truck zugegriffen. Sie stiegen dank eines Umsatz- und Gewinnanstiegs um 7,6 Prozent. Der Lkw-Bauer hat im ersten Quartal gute Geschäfte gemacht und schraubt die Jahreserwartungen nach oben. Der Umsatz kletterte um 17 Prozent auf 10,55 Milliarden Euro. Für das Gesamtjahr rechnet das Management nun mit 48 bis 50 Milliarden Euro Erlös statt 45,5 bis 47,5 Milliarden. Das Konzernergebnis vor Zinsen und Steuern erwartet Daimler Truck auf Vorjahresniveau statt leicht darunter. Vor Zinsen und Steuern sowie bereinigt um Sondereffekte stieg das Ergebnis im ersten Quartal um elf Prozent auf 651 Millionen Euro. Im Windschatten von Daimler Truck rückte auch der Rivale Traton 2,3 Prozent vor.
Adler Group unter Druck
Die Anleger der Adler Group reagieren weiter sehr nervös auf jede Nachricht aus dem Umfeld des angeschlagenen Immobilienkonzerns. Heute Vormittag gab es zunächst deutliche Kursverluste wegen drohender Abschreibungen der Tochtergesellschaft Consus, die im Verlauf aber aufgeholt wurden. Am Nachmittag folgte der nächste Kursrutsch wegen der Meldung, dass KPMG für 2022 nicht als Abschlussprüfer zur Verfügung steht. Zuletzt brach der Kurs um 12 Prozent ein. Mit 5,065 Euro erreichte er das niedrigste Niveau seit Anfang Mai.
Ceconomy will Media-Saturn schneller übernehmen
Der Elektronikhändler Ceconomy bringt die Komplettübernahme der Tochter Media-Saturn-Holding (MSH) früher als gedacht unter Dach und Fach. Der Vollzug der Convergenta-Transaktion, mit der die Gesellschafterstruktur vereinfacht werden soll, werde für Anfang Juni erwartet, teilte das Unternehmen heute mit. Mit dem Vollzug wird Ceconomy alleiniger Gesellschafter der größten deutschen Elektronikmarktkette MediaMarktSaturn. Im Gegenzug wird der bisherige MediaMarktSaturn-Minderheitsaktionär Convergenta ein Ankeraktionär von Ceconomy. Hierfür soll voraussichtlich Ende Mai die Umwandlung der Vorzugsaktien in Stammaktien wirksam werden.
Henkel: Bis 2025 Geschlechterparität im Management?
Der Konsumgüterhersteller Henkel will bis 2025 über alle Management-Ebenen hinweg ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis herstellen. „Wir sind davon überzeugt, dass Geschlechtervielfalt eine entscheidende Rolle für unseren zukünftigen Geschäftserfolg spielt“, sagte Konzernchef Carsten Knobel. Sowohl auf den Top-Management-Ebenen als auch im unteren und mittleren Management solle der Anteil von Frauen deshalb signifikant erhöht werden. Aktuell liegt der Anteil der Frauen im Henkel-Management nach Unternehmensangaben bei 38 Prozent.
Deutschlandgeschäft hilft Vodafone
In dem im März abgelaufenen Geschäftsjahr legte das Ergebnis von Vodafone dank eines starken Deutschlandgeschäfts um fünf Prozent auf knapp 15,21 Milliarden Euro zu. Allerdings lag das am unteren Ende der vom Unternehmen selbst ausgegebenen Spanne und auch unter den Erwartungen von Analysten. Der Umsatz kletterte um vier Prozent auf 45,58 Milliarden Euro.
Höhere Mieteinnahmen für Grand City Properties
Der Wohnimmobilienkonzern Grand City Properties hat im ersten Quartal von einer starken Nachfrage nach Wohnungen sowie den jüngsten Zukäufen profitiert. Das operative Ergebnis (FFO I) legte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um drei Prozent auf 48,4 Millionen Euro zu. Die Nettomieteinnahmen zogen in den ersten drei Monaten um sieben Prozent auf 97,1 Millionen Euro an. Der Großteil des Plus stammt aus den jüngsten Zukäufen, der Rest von Mietsteigerungen.
Hornbach wird vorsichtiger
Das wirtschaftlich unsichere Umfeld könnte den Baumarktbetreiber Hornbach im laufenden Jahr belasten. „Obwohl wir weitere Schließungen im Zuge von Corona-Verordnungen für unwahrscheinlich halten, haben die Herausforderungen im Hinblick auf Inflation, Lieferkette und Produktverfügbarkeit in den letzten Monaten weiter zugenommen“, sagte Karin Dohm, Finanzchefin der Dachgesellschaft Hornbach Holding. So dürfte der Umsatz zwar leicht über dem Vorjahresniveau liegen. Der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) könnte hingegen unter dem Wert des abgeschlossenen Geschäftsjahres liegen.
Musk spricht von günstigerem Deal für Twitter
Tech-Milliardär Elon Musk bringt einen günstigeren Preis für seinen Übernahmeversuch bei Twitter ins Gespräch. Ein Deal zu einem niedrigeren Gebot sei „nicht außer Frage“, sagte Musk. Die Twitter-Aktie beendete den Tag im US-Handel mit einem Minus von gut acht Prozent bei 37,38 Dollar. Das ist weit entfernt von den 54,20 Dollar je Aktie, die der Chef des Elektroautobauers Tesla bisher den Anteilseignern von Twitter in Aussicht stellt.
Quelle: www.tagesschau.de